Lexikon – Toxische Weiblichkeit
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Toxische Weiblichkeit / toxic femininity
Toxischen Weiblichkeit beschreibt das selbst- und fremdschädigende Verhalten von Frauen* durch Erfüllung männlicher Erwartungshaltungen.
Der Begriff der „Toxischen Weiblichkeit“ ist relativ neu und umstritten.
Toxische Weiblichkeit wird zum einen von Frauen* produziert, die „stereotype, ‚weibliche‘ Eigenschaften ausdrücken, wie etwa Passivität, Empathie, Sinnlichkeit, Geduld, Zärtlichkeit und Empfänglichkeit, die dazu führen, dass Individuen ihre geistigen oder körperlichen Bedürfnisse ignorieren, um ihrem Umfeld nicht zu missfallen.“ (Ritch Savin-Williams, Cornell University). Das heißt, dass Frauen* ihre eigenen Bedürfnisse zu Gunsten der Erfüllung männlicher Erwartungshaltungen bzw. „zum Nutzen anderer“ ignorieren und somit die patriarchalen Machtstrukturen nicht nur akzeptieren sondern verfestigen und dies von anderen Frauen* ebenso erwarten. Die Erwartungen liegen dabei im Verhalten (passiv, dienend, fürsorglich etc.) aber auch besonders im Versuch der Erfüllung unrealistischer Schönheitsideale. Die Folge dieses selbstschädigen Verhaltens können Depressionen und Erschöpfungszustände, aber auch Essstörungen und Autoaggressionen sein.
Neben der selbstschädigenden toxisches Weiblichkeit übertragen toxische Frauen* ihr Verhalten auch auf andere Frauen* und werten diese ab, wenn sie nicht ebenfalls versuchen, die männlichen Erwartungshaltungen zu erfüllen. Sätze wie „Wenn du dich mal schminken würdest, würde es auch mit den Männern klappen!“, „Dir war deine Karriere einfach zu wichtig – kein Wunder, dass dein Mann dich verlassen hat!“, „Wie, du willst keine Kinder?“, „Mit dem Kaiserschnitt hast du es dir ja leicht gemacht!“ oder „Stell dich nicht so an mit deiner Periode!“ sind typische Beispiele toxischer Weiblichkeit. Andererseits kann sich toxische Weiblichkeit aber auch durch Neid und Missgunst gegenüber Frauen* ausdrücken, denen die Erfüllung männlicher Erwartungen vermeintlich besser gelingt.
Der Begriff der toxischen Weiblichkeit ist umstritten, da das Phänomen auf patriarchelen, sprich männlichen Erwartungen fußt und daher Ausdruck eine internalisierte Misogynie sein könnte. „Weiblichkeit“ ist im gesellschaftlichen Kontext von Männern definiert worden und sei damit aus sich selbst heraus schon toxisch. Gleichzeitig ist der Begriff jedoch nützlich, um selbstschädigendes und fremdschädigendes Verhalten von Frauen* benennen und sichtbar machen zu können.